Dirk Rothbrust spielt auf Holz und Haut

von Michael Rieth

 

Keine Instrumentengattung ist so alt und vielfältig wie die der Perkussionsgeräte: vom einfachsten Idiophon zur komplexesten Membranophon-Batterie - vielfältig nicht nur in Form, sondern auch im Klangreichtum. Im »raum für kultur« des Gallileo-Hochhauses, in dem die Frankfurter Gesellschaft für Neue Musik mit der Dresdner Bank die Reihe »Frequenzen« veranstaltet, ist eine skurrile Sammlung von Geräten unterschiedlicher Materialien aufgebaut, mit denen der Schlagzeuger Dirk Rothbrust seine unmittelbare Umwelt akustisch verwandelt und der Zuhörerschaft ermöglicht, sie anders als gewohnt wahrzunehmen.

Mit Ausnahme eines Stückes von John Cage war der Abend fünf Komponisten aus Frankfurt und dem Umland gewidmet. Und Rothbrusts Auswahl ließ keine Wünsche an Vielschichtigkeit offen. Ob mit metallnen Selbstklingern (Frank Gerhardt), die in kontrapunktischem Wechsel mit großen Trommeln bearbeitet, Pappkartons (Bernd Thewes), auf denen Alltagsgeschichten erzählt wurden, einem mit Haut bespannten Ölfass (Volker Staub), bei dem sich Tierisches mit Technisch-Metallenem überlagerte, oder mit einer einzelnen Trommel (Gerhard Müller-Hornbach), die eine unglaubliche Tiefe an Rhythmusverschiebungen und -verdichtungen erreichte: Alles klang so, als erzählten die Utensilien selbst, und der Interpret sei nur das Medium.

Bisweilen wusste man nicht, ob eine Passage komponiert oder improvisiert war, bei anderen, klar durchkomponierten Stellen fragte man sich, ob diese Setzung nötig sei oder der Interpret Selbiges auch frei gestalten könne; doch immer wieder erlebte man Verdichtungen, die des Festschreibens bedurften - etwa die Uraufführung von Müller-Hornbachs 5 Studien für kleine Trommel. Auch Überlegungen zum Können oder Müssen einer Komposition machen den Reiz aus bei einem solchen Abend.


Frankfurter Rundschau
Kultur Rhein/Main
20.07.2004